Schäferstündchen Rätsel ist gelöst

Rätsel, die zum Lösen einen größeren Zeitaufwand erfordern, wie z. B. schwierige Physik- und Matherätsel.

Re: Schäferstündchen

Beitragvon Musagetes » Freitag 13. Juli 2012, 13:54

Hi Otmar,

hab mal kurz nach "elementare Lösung für exponentielles Wachstum" recherchiert, …

"http://www.math.uni-frankfurt.de/~ferebee/angewandt/"
"http://www.math.uni-frankfurt.de/~ferebee/angewandt/Loesungen/Loesungen3.pdf"
"http://www.math.uni-frankfurt.de/~ferebee/angewandt/Loesungen/Loesungen1.pdf"

"http://www.math.uni-hamburg.de/home/oberle/skripte/diffgln1/dgl-2-02.pdf"

…...... von Liouville bis Bessel, „ich steige aber ehrlich gesagt nicht durch“. :bahnhof:

Ich hoffe, du kannst am Wochenende, bei angenehmem Wetter besser durchsteigen und wünsche dir ein aufmunterndes „Berg Heil“! :spass:

Freundliche Grüße
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Re: Schäferstündchen

Beitragvon Otmar » Montag 16. Juli 2012, 23:20

Hat lang gedauert, aber jetzt kommt doch noch ein Beitrag:

Korrektur meines exponetiellen Ansatzes
Mehr ->
Die Gleichung für das Grasvolumen y(t) in ha * m muss lauten:

y(t) = (hA-bn/a) exp(at) + bn/a

A ist die Weidefläche in ha.
h ist die Grashöhe in m.
n ist Anzahl der weidenden Schafe.
t ist die Weidezeit in Tagen.
b und a sind den Verhältnissen entsprechende Konstanten.

Denn

y’(t) = a(hA-bn/a) exp(at)
= a((hA-bn/a) exp(at) + bn/a – bn/a)
= a((hA-bn/a) exp(at) + bn/a) – bn
= ay(t) – bn

Dabei ändert sich das Grasvolumen also zum einen proportional zum vorhandenen Grasvolumen +ay(t) und zum anderen proportional zur Anzahl der fressenden Schafe –bn.
Die Randbedingungen der Differentialgleichung sind:
y(0) = (hA-bn/a) exp(0) + bn/a = (hA-bn/a) + bn/a = hA
und nach k Weidetage sei kein Gras mehr da, also y(k) = 0
0 = (hA-bn/a) exp(ak) + bn/a oder mit exp(a) = c
0 = (hA-bn/a) c^k + bn/a und nach Multiplikation mit a/(bn)
0 = (ahA/(bn) – 1) c^k + 1 und mit g = ah/b
0 = (g A/n – 1) c^k + 1
c und g sind für die Verhältnisse gegebene Konstanten. Die letzte Gleichung können wir nun mit den zwei Wertetripeln für {A,n,k} der beiden gegebenen Weidesituationen {3, 381, 4} und {2, 225, 5} aufschreiben und daraus die beiden Unbekannten g und c berechnen. Danach wird die gesuchte Fläche X mit der Gleichung zu Tripel {X, 606, 7} bestimmt.

Elementare Version Teil 1
Mehr ->
Die Berechnung der Bestimmungsgleichung 0 = (g A/n – 1) c^k + 1 war natürlich nicht elementar, denn sie hat auf Differentialrechnung zurückgreifen müssen. Man kann diese Gleichung aber auch elementar herleiten. Dazu zerteilt man jeden Tag in m kleine Abschnitte. In jedem Abschnitt wächst das Gras proportional zum Volumen am Anfang des Abschnitts und die Schafe fressen am Ende des Abschnitts eine je Schaf den Verhältnissen entsprechende Menge q.

y(i+1) = py(i) + nq
Dabei soll p und q so gewählt werden, dass y(0) = hA und y(mk) = 0 für die drei Weidesituationen gilt. Zur Bestimmung von p und q hilft der Ansatz:
y(i)= Cp^i + B also
Cp^(i+1) + B = p(C p^i + B) + nq also
pCp^i + B = pCp^i + pB+nq also
B = pB+nq oder B = nq/(1-p) wegen y(0) = hA gilt
hA = C+B = C+nq/(1-p) und C = hA – nq/(1-p) und nach k Tagen also mk Schritten gilt:
y(mk) = 0 mit p^m = c ist das
0=(hA-nq/(1-p))c^k + nq/(1-p) und nach Multiplikation mit (1-p)/(nq)
0=(hA(1-p)/(nq) – 1)c^k + 1 und wenn wir g = h(1-p)/q setzen, erhält man
0=(g A/n - 1)c^k+1
Wir haben also mit der diskreten Betrachtung ganz ohne Näherung genau die gleichen Gleichungen zur Bestimmung der gesuchten Fläche erhalten, wie wir sie schon mit der Differentialgleichung bekommen hatten. Insbesondere ist es unwichtig, in wie viel Abschnitte wir den Tag zerlegen, ob in Stunden, Minuten oder Sekunden, wichtig war nur, das es eine ganze Anzahl m von Abschnitten ist. Und das war jetzt elementar algebraisch. Die runden Klammern bei y(i) hatte ich nur für die Nummerierung der einzelnen y Werte verwendet, nicht im Sinne einer stetigen oder differenzierbaren Funktion, wie bei der Differentialgleichung für y(t).

Stellen wir nach g um, dann erhalten wir:
g = (n/A)(1-c^-k)
und setzen wir die ersten beiden Weidesituationen ein, dann erhält man:
g=(381/3)(1-c^-4) = (225/2)(1-c^-5) und wenn wir d = 1/c setzen, dann gibt das nach Multiplikation mit -2:
254(d^4-1)=225(d^5-1)
Und jetzt kommt ein wichtiger Schritt in Richtung elementarer Lösung. Diese Gleichung lässt sich durch d-1 ohne Rest dividieren. Die Polynomdivision braucht man gar nicht ausführen, wenn man die Summenformel der geometrischen Reihe benutzt:
254(d^3+d^2+d+1)=225(d^4+d^3+d^2+d+1) oder
254(c^-3+c^-2+c^-1+1)=225(c^-4+c^-3+c^-2+c^-1+1) und nach Multiplikation mit c^4
254(c + c^2+ c^3 + c^4)=225(1+ c + c^2+ c^3 + c^4) oder
29(c + c^2+ c^3 + c^4)=225
c ist also eine der vier Wurzeln der oben stehenden quartischen Gleichung. Diese ist tatsächlich elementar lösbar. Eine elementare Lösung dieser Gleichung erhält man mit Erklärungen z.B. bei http://www.arndt-bruenner.de/mathe/scripts/polynome.htm

Lösung der quartischen Gleichung (Teil 2)
Mehr ->
Das Script von Arndt Bruenner hat geschrieben:
Lösen der biquadratischen Gleichung   29x^4 + 29x³ + 29x² + 29x - 225 = 0 
————————————————————————————————————————————————————————————————————————————

Die Gleichung wird zunächst durch Division mit 29 auf die Normalform
x^4 + ax³ + bx² + cx + d = 0 gebracht.

x^4 + x³ + x² + x - 7,758620689655173 = 0

Durch die Substitution x = y - a/4 wird die Gleichung in die Form
y^4 + py² + qy + r = 0 gebracht, die kein kubisches Glied mehr aufweist.

(y - 0,25)^4 + (y - 0,25)³ + (y - 0,25)² + (y - 0,25) - 7,758620689655173 = 0

Statt auszumultiplizieren, kann man die neuen Koeffizienten auch direkt berechnen:

p = b - 3a²/8 = 0,625
q = a³/8-ab/2+c = 0,625
r = -(3a^4 - 16a²b + 64ac - 256d)/256 = -7,957839439655173

y^4 + 0,625y² + 0,625y - 7,957839439655173 = 0

Diese Gleichung kann über ihre kubische Resolvente z³ - 2pz² + (p²-4r)z + q² = 0
gelöst werden.

z³ - 1,25z² + 32,22198275862069z + 0,390625 = 0

Man benötigt also zunächst die Lösungen dieser Gleichung.

—————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————


Lösen der kubischen Gleichung x³ - 1,25x² + 32,22198275862069x + 0,390625 = 0
—————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————

Die kubische Gleichung liegt bereits in der Normalform x³ + rx² + sx + t = 0 vor.

Durch die Substitution x = y - r/3 wird die Gleichung in eine reduzierte Form
y³ + py + q = 0 gebracht, in der kein quadratisches Glied mehr auftritt.

(y + 0,4166666666666667)³ - 1,25(y + 0,4166666666666667)² + 32,22198275862069(y + 0,4166666666666667) + 0,390625 = 0

Die neuen Koeffizienten können bequemer auch direkt berechnet werden:

p = s - r²/3 = 31,70114942528736
q = 2r³/27 - rs/3 + t = 13,671775223499363

y³ + 31,70114942528736y + 13,671775223499363 = 0

Aus der Gleichung liest man also ab:

p = 31,70114942528736 q = 13,671775223499363

Nun muss der Wert R = (q/2)²+(p/3)³ betrachtet werden.

Ist R > 0, so hat die kubische Gleichung eine reelle und zwei komplexe Lösungen,
ist R = 0, hat sie drei reelle Lösungen, von denen zwei zusammenfallen,
und im Falle R < 0 drei verschiedene reelle Lösungen.

Für die ersten beiden Fälle verwendet man die Lösungsformel von Cardano/Tartaglia,
im dritten Fall, dem sogenannten "casus irreducibilis", löst man mithilfe
trigonometrischer Funktionen.

Im Falle dieser Gleichung ist R = 1226,6729988322.

Da R nicht negativ ist, kann die Gleichung mit der Cardanischen Formel gelöst werden:


T = sqr((q/2)²+(p/3)³) = sqr(R) = 35,02389182875312

u = kubikwurzel(-q/2 + T) = 3,043370144956402

v = kubikwurzel(-q/2 - T) = -3,4721539954452356

y = u + v = -0,4287838504888337
1
y = -(u + v)/2 - ((u - v)/2)*sqr(3)•î = 0,21439192524441686 - 5,642609424558586•î
2
y = -(u + v)/2 + ((u - v)/2)*sqr(3)•î = 0,21439192524441686 + 5,642609424558586•î
3

Die Substitution x = y - r/3 wird durch Subtraktion von r/3 rückgängig gemacht.
r=-1,25 ist der quadratische Koeffizient der kubischen Gleichung.
Damit ergeben sich, der Größe nach geordnet, diese Lösungen:

x = -0,01211718382216694
1
x = 0,6310585919110835 - 5,642609424558586•î
2
x = 0,6310585919110835 + 5,642609424558586•î
3

—————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————————

Zurück zur Lösung der biquadratischen Gleichung.

Das Lösungsverfahren für kubische Gleichungen ergab also für das z der
kubischen Resolvente:

z = -0,01211718382216694
1
z = 0,6310585919110835 - 5,642609424558586•î
2
z = 0,6310585919110835 + 5,642609424558586•î
3

Nach dem Satz von Vieta muß das Produkt der drei Lösungen gleich dem linearen Glied
der Gleichung sein, hier also q² = 0,390625.
Die Lösungen für y ergeben sich nun folgendermaßen:

y = ( sqr(-z ) + sqr(-z ) + sqr(-z ) ) / 2
1 1 2 3
y = ( sqr(-z ) - sqr(-z ) - sqr(-z ) ) / 2
2 1 2 3
y = (-sqr(-z ) + sqr(-z ) - sqr(-z ) ) / 2
3 1 2 3
y = (-sqr(-z ) - sqr(-z ) + sqr(-z ) ) / 2
4 1 2 3

wobei jedoch die Wahl der Vorzeichen der Wurzeln so getroffen werden muß, daß deren
Produkt gleich -q = -0,625 ist.

Die Wurzeln

sqr(0,01211718382216694) = -0,11007808057086997
sqr(-0,6310585919110835 + 5,642609424558586•î) = -1,5885102082325122 - 1,7760696139425342•î
sqr(-0,6310585919110835 - 5,642609424558586•î) = -1,5885102082325122 + 1,7760696139425342•î

erfüllen diese Bedingung.

Damit ergeben sich folgende Werte für y

y = -1,6435492485179472
1
y = 1,5334711679470773
2
y = 0,05503904028543499 - 1,7760696139425342•î
3
y = 0,05503904028543499 + 1,7760696139425342•î
4

und nach Subtraktion von a/4 ( = 0,25 ) die Lösungen der gegebenen
biquadratischen Gleichung:

x = -1,8935492485179472
1
x = 1,2834711679470773
2
x = -0,194960959714565 - 1,7760696139425342•î
3
x = -0,194960959714565 + 1,7760696139425342•î
4

und der Rest (Teil 3)
Mehr ->
Wir verwenden für c die zweite Lösung, da alle anderen entweder komplex oder negativ sind, und damit nicht zur Problemstellung passen. Also ist c = 1,2834711679470773.

Und g = (381/3)(1-c^-4) = 127(1-c^-4) = 80,198556024678

Die gesuchte Fläche X in ha ist dann wegen

A = (n/g)(1-c^-k)

X=(606/g)(1-c^-7) = 6,2391927617
Zweimal unterstreichen und fertig ist die elementare Lösung mit potentiellem Wachstum. Elementar ist zwar elementar aber nicht immer einfach. :D
Liebe Grüße, Otmar.
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Re: Schäferstündchen

Beitragvon Musagetes » Dienstag 17. Juli 2012, 15:08

Hi Otmar,
@ Otmar:
Denn mein Lösung stimmt noch nicht. Ich hab bei der Differentialgleichung gepatzt.
:shock: ... :lol:
@ Otmar:
Dafür habe ich inzwischen eine elementare Lösung für den exponentiellen Ansatz.

du hast dir ja noch eine immense Arbeit gemacht. :danke:

Für meine gesuchte Lösung, waren die „elementaren Mitteln“ ja nicht als Bedingung zu verstehen, da ich von vornherein,
bei einem natürlichen Wachstumsprozess, vom linearen Wachstum ausgegangen bin.
@ Otmar:
Vorab, der Unterschied zum linearen Wachstum wird noch etwas kleiner. Es kommen dann etwa 6.23ha beim exponentiallen Ansatz raus.

@ Musagetes:
Somit muss der Schäfer eine Grünfläche von 6,317ha suchen.

@ Otmar:
Zweimal unterstreichen und fertig ist die elementare Lösung mit potentiellem Wachstum. Elementar ist zwar elementar aber nicht immer einfach.

Puhh.... das war eine lange steile "Wand"! :super:
@ Otmar:
Musagetes hat geschrieben:Ich hoffe, die „Schäferstündchen“ haben etwas Spaß gemacht!?

Ja klar, beide Teilaufgaben sind schön und ein richtiges Rätsel ist auch dabei, also nicht nur Rechnen, was ich besonders schön finde.

Nur schade, dass das schöne Rätsel ab der „zweiten Halbzeit“ leider nur wieder im „Alleingang“ gelöst wurde!
:schade:

Freundliche Grüße
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Re: Schäferstündchen

Beitragvon Otmar » Mittwoch 18. Juli 2012, 14:12

Musagetes hat geschrieben:du hast dir ja noch eine immense Arbeit gemacht.

So würde ich das nicht sehen. Es war eher spannend und entspannend. Die aufwändig Lösung der Gleichung vierten Grades hat ja da Internet erledigt.

Das Rätsel hat sehr gut zu meiner gegenwärtigen Lektüre "Algebra für Einsteiger" von Jörg Bewersdorff gepasst. Dort geht es genau darum, wann Polynome "elementar" lösbar sind und warum das so ist. Und eine kleine Übung nebenbei ist bei Mathebüchern nie verkehrt. Jedenfalls hast du das Problem so gestellt, das es für den exponentiellen Ansatz gerade noch elementar lösbar war. Hätten die Schäfer nicht 4 und 5 Tage, sondern 5 und 6 Tage auf den kleineren Weiden gestanden, dann wärs aus gewesen, mit potentiell und elementar. Aber so hat es perfekt gepasst. :zustimm:
Liebe Grüße, Otmar.
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