Wenn der Erwartungswert einer Zufallsgröße unendlich ist, heißt das nicht, dass man bei jedem Spiel oder im Mittel über viele Spiele unendlich hohe Gewinne erwarten kann, denn die realisierten Gewinne werden endlich bleiben, weil die Wahrscheinlichkeit für einen unendlichen Gewinn Null ist. Macht man mit so einer Verteilung ein statistisches Experiment mit sehr vielen Versuchen, dann nähert sich der Mittelwert des Gewinns (ohne Öffnen) nicht einer festen Größe, dem Erwartungswert, was sie üblicherweise tut, sondern springt umher und wächst tendenziell mit mehr Versuchen immer weiter an.
Es gibt einige mögliche, aber sehr unwahrscheinliche Fälle, für extrem hohe Gewinne, die stärker steigen als der Reziprokwert der Wahrscheinlichkeit mit der sie auftreten. Z.B. treten genau 30 Wappenwürfe im Durchschnitt einmal in ca. einer Milliarden Spiele auf. Das ist selten. Aber der Gewinn ist dann, 100 * 3^30 oder 300 * 3^30 Euro, also im Durchschnitt 200 * 3^30 Euro. Das hebt bei einer Milliarden Spielen den durchschnittlichen Gewinn, je Spiel um 41 Millionen Euro, also einen signifikanten Betrag. Und je länger man spielt, desto wahrscheinlicher werden diese seltenen exorbitanten Gewinne, die zu wesentlichen Verbesserung des durchschnittlichen Gewinns beitragen.
Jetzt kommen wir bei dem statistischen Experiment wieder zurück zum Spiel mit offenem Umschlag und bilden jeweils Gruppen für bestimmte mögliche Beträge im roten Umschlag. In jeder Gruppe kommen ab und zu neue Experimente dazu, wobei Gruppen mit hohen Beträgen wesentlich seltener einen Zuwachs in Form eines Spiels bekommen, als Gruppen mit kleineren Beträgen im roten Umschlag. Für die Gruppe mit 100 Euro im roten Umschlag, waren immer 300 Euro im blauen. Bei allen anderen Gruppen stellt sich im Mittel ein Gewinn beim blauen Umschlag ein, der 22.2% höher ist als der Betrag im roten Umschlag. Soweit sind wir konform zur Antwort auf Frage B. Wenn wir aber zu einem bestimmten Zeitpunkt aufhören, dann wird es immer Gruppen geben, in denen nur sehr wenige, einzelne Experiment vorliegen, man also den Erwartungswert für den Gewinn in der Gruppe statistisch noch nicht aus dem Mittelwert bestimmen kann, weil es zu wenige Experimente dafür sind, z.B. weniger als 5. Aber genau in diesen Gruppen geht es um das meiste Geld und diese Gruppen beeinflussen den mittleren Gewinn im roten bzw. blauen Umschlag am meisten. Deshalb kann auch bei einem statistischen Experiment nicht von höheren Erwartungswerten für blau in allen Gruppen auf den höheren Mittelwert für blau in allen Spielen und Gruppen geschlossen werden, weil es immer so ist, das der Mittelwert in den entscheidenden Gruppen oft stark vom Erwartungswert des Gewinns in dieser Gruppe abweichen kann, weil noch zu wenige Spiele für diese Gruppe gemacht wurden. Anders gesagt, wenn wir so lange spielen, bis eine bestimmte Gruppe, sagen wir die mit dem Betrag 100 * 3^30 Euro, mindestens tausend Spiele hat, um in dieser Gruppe den existierenden Erwartungswert durch den Mittelwert beim Spielen überprüfen zu können, dann wird es andere Gruppen geben, die wesentlich höhere Beträge beinhalten mit wesentlich weniger Spielen, die aber einen Rückschluss vom Mittelwert auf den Erwartungswert noch nicht zulassen. Mithin gibt es keinen Widerspruch, dass der Erwartungswert in jeder Gruppe für den blauen Umschlag höher ist als für den roten, aber ungruppiert beide Umschläge gleichwertig sind, weil die Gruppen-Erwartungswert Aussage bei keinem statistischen Experiment für alle Gruppen-Mittelwerte gelten kann und insbesondere nicht für die Gruppen, in denen es um die entscheidenden Geldbeträge geht, die den Mittelwert über alle Gruppen, also ohne einen Umschlag zu öffnen, am meisten beeinflussen.
Zur Veranschaulichung habe ich das Spiel mal im Rechner simuliert und zwar für 60 Millionen Spiele. Mein Rechner hatte auch genügend große Zahlen, um die Geldbeträge abzuspeichern.
- doppelscheck rot.PNG (22.08 KiB) 1058-mal betrachtet
- doppelscheck blau.PNG (21.58 KiB) 1058-mal betrachtet
In den Grafiken sieht man von links nach rechts Mittelwerte bis zur jeweiligen Position auf der x-Achse. Mit jedem Pixel in x Richtung kommen 10000 Spiele dazu. Farbig sieht man die Beträge in den ersten 18 Gruppen für den Betrag im roten Umschlag, der auch rechts angegeben ist. Die y-Achse hat eine logarithmische Skala. Farbig gepunktet sind die Beträge des roten Umschlags in den jeweiligen Gruppen dargestellt. Die dickeren farbigen Kurven sind die Mittelwerte für die Beträge im blauen Umschlag der jeweiligen Gruppe, wobei die Dicke der Kurve von einem Pixel auf 2 Pixel ansteigt, wenn mehr als 100 Spiele in der Gruppe sind.
Die dicke weiße Kurve zeigt den Mittelwert des Gewinns über alle Spiele. Im Gegensatz zu den Mittelwerten in den einzelnen Gruppen, stabilisiert sich dieser nicht, sondern springt an bestimmten Stellen nach oben um dann, bis zum nächsten Sprung wieder langsam abzufallen. Ist eigentlich so, wie man es sich vorstellen würde. Die Simulation hat zwei Grafiken für die gleichen Spiele erstellt. Die ersten Grafik entspricht der Spielbeschreibung. Bei der zweiten Grafik wurden zur Kontrolle die Scheckbeträge vertauscht eingetütet, sonst war alles, auch die Wappenwürfe, wie bei der ersten Grafik.